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Sunday, July 26, 2020

Teiche ganz verschieden genutzt - Oberhessische Zeitung

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Illustration von K. Weitzel und W. Weide. Hier wird vor dem Alsfelder Obertor eine Bestrafung mit Schandkorb gezeigt – lautmalerisch auf oberhessisch und mit schwarzem Humor „Gaagk“ genannt. Diebe und Betrüger wurden in den Korb eingesperrt und mehrmals unter Wasser getaucht, bis es zur Atemnot und hörbaren Luftschnappen, zum sogenannten „Gaagken“, kam. Foto: Repro/GMV

Illustration von K. Weitzel und W. Weide. Hier wird vor dem Alsfelder Obertor eine Bestrafung mit Schandkorb gezeigt – lautmalerisch auf oberhessisch und mit schwarzem Humor „Gaagk“ genannt. Diebe und Betrüger wurden in den Korb eingesperrt und mehrmals unter Wasser getaucht, bis es zur Atemnot und hörbaren Luftschnappen, zum sogenannten „Gaagken“, kam. (Foto: Repro/GMV)

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ROMROD - Teiche waren früher aus verschiedenen Gründen von großer Bedeutung. Teiche dienten als Speicher für Wasser, um Mühlen zu betreiben, als Nutz- und Brauchwasser für verschiedene Gewerbe, beispielsweise für die Färberei, zum Bleichen, zum Flachsrösten, als Löschteiche, zur Erzwäsche oder als Eisteiche für die Bierkühlung im Sommer. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Bußordnung der Oberforsten Romrod, Battenberg und Eichelsachsen von 1780. Hier wurden die landgräflichen Fischgewässer besonders geschützt. So wurden unerlaubte, unmäßige Nutzungen der Gewässer oder gar der Diebstahl von Fischen oder Krebsen mit hohen Bußgeldern bestraft. Durch die Auflistung der verschiedenen Vergehen wird klar, wie vielfältig die Nutzung war. Die höchste Strafe erhielt ein Müller, der unerlaubt einen Bach als Speicherteich für seine Mühle aufstauen ließ (30 Gulden Strafe). Das Wasserrecht (Fisch- und Nutzungsrecht) oder auch „Wasser-Regal“ gehörte den Landgrafen von Hessen.

Als Brandteich und Viehtränke wird das „Wasserloch“ bei Ober-Breidenbach erwähnt. Das Flachs- oder Hanfrösten war in Fischgewässern unter Strafe verboten. Daher mussten dafür meist gesonderte Teiche angelegt werden, in denen der für Fische schädliche „Rost- oder Gärungsvorgang“ zur Gewinnung der Fasern stattfinden konnte. Es wird auch davon berichtet, Wiesen zu wässern, um schädliche Tiere zu bekämpfen und Wiesen mit Wasser und neuen Nährstoffen zu versorgen. Für die Wiesenwässerung wurden Teiche, Gräben und Dämme angelegt. Die Wässerung sorgte dafür, die Bodentemperatur anzuheben und das Pflanzenwachstum zu begünstigen, was bei klimatisch kälteren Regionen den Ertrag steigern konnte. Für das Untersuchungsgebiet gibt es in der Bußordnung von 1780 Strafgelder beim unerlaubten oder unmäßigen Wässern der Wiesen. Flurnamen (beispielsweise „Wässerung“) könnten auf die damalige landwirtschaftliche Praxis hindeuten. Die Flur „Wässerung“ liegt heute in einem Waldstück am rechten Hang des Antrifttals zwischen Strebendorf und Romrod. Interessant dabei ist, dass der Mühlgraben am obersten Hang des Wiesenrandes unterhalb der Flur „Wässerung“ (schon in der Karte von 1782 „Forst Romrod“ erwähnt) entlang läuft, um schließlich nach der Eichmühle und der Lippmühle wieder in die Antrift zu münden. In den 1970er Jahren gab es oft Beschwerden, dass das Wasser vom Mühlgraben mal wieder über die Wiesen floss. Vielleicht hatte der Mühlgraben eine Doppelfunktion und war zugleich ein Wässerungskanal für die darunter liegenden Wiesen? Zumindest ist diese Art der Bewässerung für diese Stelle denkbar. Ein noch heute angelegter Teich am Ortsrand von Windhausen liegt an den sogenannten Bleichplätzen, wo früher das Tuch nach dem Waschen gebleicht wurde. Für das Bleichen wurde Wasser benötigt, das man wahrscheinlich vom Teich bezog. Der Teich ist auf einer alten Karte südöstlich von Windhausen eingezeichnet.

Mancher Teichname verrät heute noch die Nutzung, beispielsweise wurde der Waschteich (heutige Gemarkung Heimertshausen) genutzt, um Schafe vor der Schur zu waschen oder die sogenannte Kuhtränke, um Kühe zu tränken (Teich in der heutigen Gemarkung Ober-Gleen). Das unerlaubte Waschen der Schafe war unter Strafe verboten (siehe Bußordnung von 1780). „Das Wehr“ ist ein ehemaliger Stauteich oder Mühlteich, hier wurde die Antrift aufgestaut, um Wasser zum Betrieb der Herrenmühle in Romrod zu speichern. Das Wasser wurde über einen Mühlgraben zur Herrenmühle geleitet und mündete von dort etwa 50 Meter weiter in die Ocherbach. Heute ist das zerstörte Wehr noch sichtbar. Auch der Mühlgraben ist noch erhalten und wird durch das Wasser des Ocherbachs gespeist. Da damals viel Wasser der Antrift über den Mühlgraben geleitet wurde, war der Unterlauf der Antrift hinter dem Wehr recht klein und wurde daher auch das „dünne Wässerchen“ genannt. Die Herrenmühle wird bereits 1574 im Salbuch erwähnt. Daraus lässt sich schließen, dass es den Mühlgraben gegeben haben wird. Vermutlich entstand der Stauteich, „das Wehr“, im Zuge der Begradigungs- und Trockenlegungsarbeiten der Antrift Anfang des 19. Jahrhunderts.

DIE AUTOREN

Die beiden Romröder Gerhard Bing und Thomas Bing haben sich ausführlich mit der Geschichte der Teichwirtschaft rund um ihre Heimatstadt auseinandergesetzt. In mehreren Teilen stellen unsere beiden Gastautoren in den kommenden Wochen interessante Aspekte und Funktionen der Teiche für die Bevölkerung rund um die Schlossstadt vor.

Dass der Weimer (oder „Weymer“), ein Teich in der Nähe des Schlosses Romrod, nicht nur als Fischteich genutzt wurde, bezeugt folgende Überlieferung (aus Geschichtsbilder aus Romrod von C. H. Schmidt 1913):

„Die Stadt Romrod ist im Besitze einer ,Gack‘ (Anm. der Autoren: gesprochen Goak, auch Gaagk, laut Grimmschen Wörterbuch = Pranger), eines galgenartigen Gerüstes, an welchem sich ein auf- und abziehbarer Korb befand, gewesen. Die ,Gack‘ diente dazu, verurteilte Personen zu bestrafen. Sie wurden in den sogenannten Schandkorb gesetzt und einige Male unter Wasser gedrückt. Die ,Gack‘ wurde 1670 erbaut. Die Stadtrechnung (1670) ergab Ausgaben für den Bau (Zimmerarbeiten) von gesamt 2 Gulden 6 Albus. Die ,Gack‘ stand nach den Nachforschungen von Bürgermeister Schmidt beim sogenannten Weimer. Die Stelle war ein viereckiger Platz, auf drei Seiten mit Mauern umgrenzt. Laut Karl Dotter waren vor einigen Jahren noch Pfähle am Ufer und im Wasser zu sehen gewesen (vermutlich um 1900). Belege für die Benutzung der ,Gack‘ gibt es aber keine.“

Schließlich wurden die Teichdämme als auch die Teichfläche bei Trockenlegung landwirtschaftlich genutzt. Nach dem Abfischen wurden die Teiche oftmals trocken gelegt und zum Anbau von Gras oder sogar Getreide genutzt (Sömmerung). Zum anderen diente die Trockenlegung als Hygienemaßnahme und konnte für Instandhaltungsarbeiten am Damm genutzt werden. Wasserpflanzen und Uferpflanzen, wurden zur Einstreu und als Heilpflanzen verwendet.

Die herrschaftlichen Teiche der Hessischen Landgrafen wurden hauptsächliche zum Zwecke der Fischzucht erbaut. Ab dem Spätmittelalter (etwa 15. bis 16. Jahrhundert) boomte der Teichbau der Landgrafen von Hessen. In dieser Zeit wurden auch rund um Romrod einige große Fischteiche angelegt. Ein eigens bestellter Beamtenzweig, die Teichmeister und Teichknechte, die ihren Sitz in Romrod hatten, musste den Betrieb überwachen. Davon und von den Nutzungskonflikten der Bevölkerung mit den Landgrafen wollen wir im nächsten Teil berichten.

Gerhard Bing und Thomas Bing




July 26, 2020 at 03:00PM
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